Kambodscha - Volontariat

Nach längerem Abwägen, wo ich denn nun mein Volontariat machen soll, ob in Kampot oder Nähe Phnom Penh, habe ich mich für Letzteres entschieden. Phnom Penh ist Kambodschas Hauptstadt. Hier hat der Gründer der "Save poor children in Asia" Organisation (S.C.A.O.) seine erste Schule eröffnet und ein Center gebaut in dem bedürftige "Centerkids" mit ihm und seiner Familie leben (http://savepoorchildreninasia.org). Etwa eine Stunde vom Zentrum entfernt, entstand im Dorf Som Roung die zweite Schule. In dieser lebe und unterrichte ich für einen Monat.

Hier in Som Roung ist alles sehr dörflich und überschaubar. So spielt sich mein Leben zwischen Schule, Markt, Coffeeshop, Pagode und Reisfeldern ab. Am Wochenende geht es meist nach Phnom Penh - nein, nicht der Großstadtluft wegen - aber um mal wieder etwas anderes in Magen zu bekommen als Reis ;-). Sovanred, unser Mann für alle Belange, bekocht uns am Morgen und am Abend mit einem Reisgericht. Als ich ankam, begrüßten mich die deutsche FSJ-lerin Luzie und die Indonesierin Riri. Luzie verbringt hier insgesamt ein Jahr, während sich alle anderen Freiwilligen weitaus kürzer tümmeln. Nach ein paar Tagen kam noch Sabine aus Deutschland dazu, mit der ich mir das Zimmer teilte. Wir hatten es sehr gut miteinander. Kurzzeitig kamen noch vier weitere Deutsche, gegen Ende eine Brasilianerin und für eine Nacht ein Israeli. Ihm hat jedoch so manches nicht gepasst, so ist er tags darauf wieder abgereist. Unser Schulhaus ist das höchste Gebäude im Ort. Der Ausblick von der Dachterrasse hat es uns nicht nur beim täglichen Sonnenuntergang sondern auch bei Vollmond und klaren Sternennächten angetan. Die Zimmer sind recht spartanisch. In der SCAO Schule werden Englisch- und MS Office Unterricht angeboten. Bei der morgendlichen Pre-School kommen immer kleine kids, die wir mit Liedern, Buchstaben und Zahlen an die englische Sprache heranführen. Da sind ganz besonders goldige dabei.
Die Menschen in Som Roung sind arm. Kinder haben meist verdreckte und zerschlissene Kleidung an und selten eine Auswahl. Der erste Satz nach dem Susday (hallo) ist dann auch gleich lian dei (Hände waschen). Eine ABC-Beginner class hab ich unter meine Fuchtel genommen, wo die Fortschritte jedoch noch auf sich warten lassen. Zudem unterrichte ich die Intermediate Schüler, die das höchste Niveau unserer Schule haben. Wenn man bedenkt, welches Alter die Schüler haben, ist das Niveau erschreckend niedrig. Der Englisch Unterricht an ihrer Khmer Schule ist so schlecht, dass sie zusätzlich zur SCAO Schule kommen. Viele der Schüler haben zwar nicht die höchste Lernmotivation doch dafür sind sie ausgesprochen herzlich.

Die Menschen im Ort beäugen einen etwas misstrauisch, reagieren aber meist recht freundlich, wenn man sie anlächelt und begrüßt. Unangenehm fallen Männer auf, die den ganzen Tag nur rumhängen und respektlos sind. Fast täglich gehen wir zu unserem lieblings coffeeshop. Das Besitzerehepaar hat einen sehr goldigen Umgang miteinander, was selten genug vorkommt, bedenkt man, dass die meisten Ehen von Eltern arrangiert werden und nicht auf Liebe basieren. Mehr als eine Geschichte dieser Art habe ich von Schülern und Kollegen quasi aus erster Hand gehört. Da wird es einem ganz schwer ums Herz. 

Man mag sich vielleicht einbilden, dass das Leben auf dem Land mit besonders viel Stille einhergeht. Dem ist nicht so! Gleich am zweiten Abend (Freitag) beglückte uns ein Nachbar mit einer Party bis Mitternacht. Nach vier Stunden Ruhe setzte die Beerdigungsmusik/-moderation ein. Hierfür wird ein Zelt aufgebaut und bis zu drei Tag der lang gebetet, gesprochen, Musik gespielt, gesungen... Nach sieben Tagen wiederholt sich das Ganze. Sollte mal keine Beerdigung, Party oder gar Hochzeitsfeier anstehen, wissen die unzähligen Hunde, Gockel, Kühe und sonstiges Getier die Nacht zum Tage zu machen ;-). Zudem beginnen die Mönche der nahegelegenen Pagode gegen 5:00 Uhr in der Früh zu beten, auch die Moschee lässt von sich hören. Sowieso, kaum wird es hell, ertönt lautstarke Musik aus verschiedenen Ecken. Je lauter desto besser scheint das Motto zu sein. Ich erhielt eine Einladung zur Hochzeit einer Kollegin. Leider werde ich davor schon abreisen. Allerdings wäre die Gefahr von diesem Tag an einen Tinnitus mit mir spazieren zu tragen recht hoch! Selbst für eine kleine Hochzeitsgesellschaft werden bis zu drei Reihen Riesenlautsprecher aufgebaut und natürlich auch voll aufgedreht.
Ein Wochenende bin ich in Som Roung geblieben. Samstags sind wir Volontäre in die Pagode und wurden von unseren Mönchsschülern herumgeführt. Dabei erfuhr ich die Geschichte des vierten Buddhas und sah die Schlafräume der Mönche. Sie führen ein Leben streng nach Regeln, unter anderem dürfen sie nach dem Mittagessen nichts mehr essen, erst wieder zum Frühstück tags darauf.
Sonntags besuchten wir eine Gegend die noch ärmer war, um dort für "Clean water for Cambodia" (Website: https://www.facebook.com/pages/Czysta-woda-Clean-water-for-Cambodia/587920041342064?ref=ts&fref=ts) eine Umfrage durchzuführen. 
Viele der dortigen Bewohner haben beispielsweise keine eigene Toilette. Man teilt sich eine öffentliche.
Der Bau einer Toilette kostet über 600 USD. Falls sich hier jemand berufen fühlt: über SCAO kann man auch projektbezogen spenden.

Zum "Fullmoon Festival" - das eigentlich ganz anders heißt und zudem mit Vollmond wenig am Hut hat - sind Sabine, Sovanred und ich wieder zur Pagode um uns mit Früchten und Geldscheinen die Gebete und "good luck"-Wünsche eines Mönchs zu erbitten. Wie es der Zufall will, wird die Pagode vom dritten Mönchskönig geführt. [Kleiner Einschub: Ich habe davon erfahren, als zwei meiner Mönche mitten im Unterricht aufstehen und meinten, sie müssen jetzt gehen um in der Pagode den king zu verabschieden. Okeeee, der kambodschanische König ist hier in Som Roung??? No, not this king, the monk king.] Dieser dritte Mönchskönig hat nun letzend Endes uns drei mit allerlei Hilfsmitteln "gesegnet". Da auch Wasser im Spiel war, fühlte ich mich danach hauptsächlich geduscht ;-).
Seit diesem Tag trage ich ein rotes Band ums Handgelenk, das er mir rumgebunden hat. For good luck! Nun kann ja nichts mehr schief gehen ;-).
Mittlerweile habe ich mein Volontariat beendet. Der Abschied fiel nicht leicht. Wäre nicht eine Verabredung in Thailand angestanden, so hätte ich verlängert. Am Tag meiner Abreise haben die Mönche darauf bestanden mich mit dem Tuk Tuk zum Flughafen zu begleiten. Den Blicken nach, müssen wir ein recht exotisches Bild abgegeben haben. Drei der vieren waren zum ersten Mal am Flughafen und sahen dort zum ersten Mal einen Burger King...