Ecuador, das kleinste Andenland bietet alles was das Backpackerherz begehrt!

Am Lake Eacham in Australien sitzend, versuche ich mich in meine Ecuador Zeit von Ende Juni/Anfang Juli zurückzuversetzen. Nach Galapagos haben wir noch gemeinsam Quito erkundet, begleitet von Unmengen Polizisten, dank derer wir in der Altstadt mehr als einen Umweg nehmen durften. Straßensperren ohne Ende, warum weiß kein Mensch!

Auf einem dieser Streifzüge durch die City entdeckten wir unseren lang herbeigesehnten Espressokocher, Italian style! Unsere damals noch vor uns liegenden Wochen in Rio und im Camper durch Australien waren unter kaffeetechnischen Gesichtspunkten schon mal gesichert :)
In Quito checkten wir ins Casa Helbling ein, ein Hostel unter schweizerischer Leitung. Dies sollte meine "Base" für die nächsten zwei Wochen werden. Insgesamt bin ich 5x eingecheckt und gegen Ende hat es sich schon angefühlt, als käme man wieder nach Hause. ;)

Da Benjamin schon früher seinen Job bei der WM antreten sollte, bin ich alleine losgezogen um noch mehr von Ecuador zu erkunden. Es verschlug mich zuerst nach Lago Agrio und den nahe liegenden Dschungel. In einer Lodge, in der quasi ALLES irgendwie offen war - und somit zugänglich für jegliches Getier - habe ich mich kurzerhand entschlossen, das Zimmer mit dem einzigen solo Reisenden zu teilen den es gab, anstatt in eines der Mädelszimmer zu ziehen. Mit Aussagen wie "if there will be a snake or spider you are going to be my hero who rescues me" habe ich gleich beim Einzug den Druck auf ihn laaangsam aufgebaut. Als es dann soweit war, dass sich eine handtellergroße Spinne auf meinem Schuh besonders wohl gefühlt hat, hat er lediglich völlig fasziniert zig Fotos geschossen, aber einen Heldenorden hat er auf jeden Fall nicht verdient ;)
Besonders in sich hatte es das Restaurant, dessen Dach aus Balken und getrockneten Blättern bestand. In dessen Gebälk waren ständig Schlangen und Spinnen (ja, beides groß und fett) zu Gast. Manchmal besuchten uns noch Fledermäuse und Frösche. Am ersten Abend fühlte sich das noch sehr unangenehm an und ständig war aus einer anderen Ecke ein Aufschrei zu hören. Doch bereits am nächsten Tag kehrte etwas Normalität ein, tierische Besucher hin oder her. Sogar so sehr, dass viele einfach in die Gummistiefel gestiegen sind, ohne zuvor mögliche temporäre Bewohner herauszujagen. So groß konnte die Furcht dann ja nicht mehr sein ;)
Der Guide mit der größten Erfahrung glich Rambo aufs Haar und hat unermüdlich nach Vögeln, Schlangen, Alligatoren, (pinken!) Delphinen etc Ausschau gehalten. 
Meine Gruppe wurde die meiste Zeit von Veronica geleitet, die aus einer der drei Dorfgemeinschaften stammt, in denen die Ureinwohner leben. 
Diese haben den Tourismus für sich entdeckt und betreiben die Lodges. Dass deren Leben doch ganz anders ist, zeigte sich bereits als Veronica uns erzählte, dass ihr Cousin (er hat uns zur Lodge mit dem Boot gefahren) fünf Frauen hat. Alles klar. 
Spannend war der Besuch beim Shamanen in einer der communities. Ein freundlicher Mann mit einer schlichten Tunika begleitet und allerlei Federschmuck. Da hat dem Vogelfreund Rambo gleich das Herz geblutet, weil so viele Tucans dafür ihr Federkleid und somit ihr Leben lassen mussten. Der Shamane ist mit seiner Nichte verheiratet und hat mit ihr fünf Kinder. Andere Länder andere Sitten. 
Veronica zeigte uns wie sie Mückenschutz auf natürliche Art herstellt. Sie legt ihren Arm auf einen Ameisenhaufen (der dort auch gerne mal am Baumstamm klebt), wartet bis sich genug Ameisen darauf tümmeln und zack verreibt sie diese! Sie nutzt nie etwas anderes! 
Wenn man sich in der dortigen Gegend fortbewegen möchte, braucht es ein Boot. Die Wasserstraßen sind verzweigt bis zum Gehtnichtmehr und kaum sind wir zweimal abgebogen, war ich lost! Nicht so die Bootsfahrer! Unglaublich wie sie sogar bei Nacht - völlig ohne Licht - uns in die Lodge zurück gebracht haben. Nein, nicht die unzähligen goldigen Glühwürmchen haben ihnen den Weg gewiesen. Sie haben sich zumindest an den Baumwipfeln orientieren können und wussten so wie der Verlauf des Flusses ist. Dass tags dem ein oder anderen Felsen oder Ast auszuweichen war, habe ich versucht zu verdrängen ;)
Ganz besonders war der Moment als wir einen Tapir entdeckten. Es war ein junges Tier, das im Fluss schwamm und nicht so rasch an Land gekommen ist wie es ihm lieb gewesen wäre. Sein Näschen wippte wie wild. 
Als es auf dem Wasserweg zurück nach Lago Agrio ging, winkte uns eine Japanerin vom Bootsteg zum Abschied. Wir ließen sie ganz alleine zurück, weil sie als einzige einen Tag länger gebucht hatte. Sämtliche Guides kamen mit uns Richtung Stadt. Ihr leicht verzweifeltes "now it is only me and the spiders" werde ich wohl nicht so schnell vergessen. Ich hätte nicht mit ihr tauschen wollen!

Nach meiner Dschungel Expedition trieb es mich ans Meer. Ich landete nach einer sehr rasanten Busfahrt in Pedernales Cujimiès (manchmal auch Cojimiès geschrieben). Bei längeren Busfahrten ist immer ein Helferlein dabei, das beim Gepäck ein- und ausladen hilft, abkassiert, das dolby surround TV Programm anschmeißt indem es an sämtlichen Sitzplätzen den Lautsprecher anklickt etc. Als die Fahrweise immer wilder wurde bat ich ihn um "mas despacio" worauf ich ein freundliches "tranquillo, tranquillo" zu hören bekam. 
Also konzentrierte ich mich wieder auf den Film in dem alle paar Minuten entweder jemand das Zeitliche segnete oder kurz davor war. Unter erziehungspädagogischen Aspekten leicht fragwürdig, bedenkt man die Anzahl an kiddies im Bus die alle gebannt zuschauten...

Cujimiés - ein Fischerdörfchen, die Straßen aus Lehm, meist einfache Bretterstelzenbauweise und nur am Wochenende Jubel Trubel Heiterkeit, wenn am Strand die Essenszelte und Bars öffnen um die einheimischen Touristen aus Pedernales und Quito kulinarisch zu versorgen. Gleich am ersten Abend lernte ich zwei Ecuadorianer kennen, bei meiner Suche nach vegetarischem Essen. Sie halfen mir ganz rührend, so dass ich am Ende zumindest Reis, Salatblätter, Empanada und eine Banane auf dem Teller hatte.
Es gab mit mir vielleicht fünf Touristen in den vier Tagen die ich dort war. Einer davon war Anton aus Hessen, der sich in Kolumbien eine Rikscha gekauft hat und in dieser nicht nur fährt, sondern auch schläft. Das allein ist ja schon schwer vorstellbar, doch die Tatsache, dass sein Bruder für einen Monat noch dazu kommen wird, hat mich dann doch umgehauen. ;) dann gabs noch zwei schweizer Mädels, von meinen beiden ecuadorianischen Begleitern aufgetan. Sie waren ganz euphorisch ob der Tatsache, dass da noch jemand deutsch spricht. Die Mädels waren umso weniger euphorisch und so musste ich den beiden zuflüstern "you know, not all Swiss people like the Germans". Haha, dann hat es ihnen voll leid getan, dass sie den Kontakt hergestellt hatten. Aber ich konnte sie beruhigen, alles gut! Als es ums Thema Weiterreisen und WM ging fragte die Schweizerin, ob die Deutschen denn bei der WM dabei wären. Worauf die andere fast eine Herzattacke bekommen hat: "Wie kannst du das fragen???"

Meine letzte Station war Mindo. Mindo in den Nebelwäldern. Der Name ist Programm. Mit etwas Glück scheint am Morgen die Sonne, bevor es dann zuzieht. Hier erwartete mich eine Herberge bei der - mal wieder - alles offen war, jedoch kein einziger anderer Gast den ich als Retter in der Not hätte auswählen können. Also hab ich all meinen Mut zusammen genommen und bin eine Nacht geblieben. Gruselig. Aber ich hab noch zwei weitere Nächte rangehängt. In der zweiten hörte ich nachts Schritte und man hätte problemlos in mein Stockwerk kommen können, da versperrte Türen in Mindo zweitrangig sind. Auf meiner Etage gab es noch nicht mal Türen. Am Morgen fragte ich den Besitzer danach und der vermutete es seien die Jugendlichen aus der Nachbarschaft die wegen des wifi kämen. Ja dann...
Mein Aufenthalt war geprägt von unzähligen Schmetterlingen, Tucans, super süßen mini kleinen Kolibris, Orchideen und Schattenkaffee. So gruselig die Herberge auch war, sie hatte eine tolle Terrasse mit Blick in einen Dschungelgarten in dem Dank Zuckerwassertränken und Bananen ettliche Vögelchen Einzug hielten. Den Kolibris zuzuschauen war eine Wonne!! Sie trinken am Tag 12 Liter Wasser/2 Kilo Zucker weg. 
Szenenwechsel nach Australien: unser letzter Tag mit Camper ist angebrochen und wir haben einen richtig schönen idyllischen Platz gefunden um diese Zeit ausklingen lassen zu können. Lagerfeuer, Stockbrot, vino und in toller Gesellschaft. 
Wat will man mehr :) Auf bald, hoffe ihr seid alle wohlauf!

Anne